Dienstag, 28. Februar 2012




DAS WEITE LAND von Arthur Schnitzler
im Salzburger Landestheater am 25.2.2012

Im Mittelpunkt der 1911 uraufgeführten Tragikomödie steht der in eine Lebenskrise geratene Fabrikant Friedrich Hofreiter, ein erfolgreicher Unternehmer und passionierter Ehebrecher. Seine Gemahlin Genia erduldet leidend seine Seitensprünge. Gerade hat er die Affäre mit der Bankiersgattin Adele Natter beendet, da erschießt sich ein junger P...ianist aus unerfüllter Liebe zu Genia. Der tugendhafte Verzicht seiner Frau erscheint Hofreiter in dieser Situation als Anklage gegen sein eigenes Leben. Soll er sich bei ihr bedanken? Ist sie nicht Schuld am Tod dieses unglücklichen jungen Mannes? Gerade durch die Treue seiner Frau fühlt Hofreiter sich von ihr entfremdet. Dem Konflikt entzieht er sich durch Flucht und unternimmt eine Reise in die Dolomiten. Auf einer Bergtour macht Hofreiter der blutjungen Erna im Höhenrausch einen Heiratsantrag. Zurückgekehrt in seine Villa, wird er Zeuge, wie Genia, herausgefordert durch die Scheinliberalität ihres Mannes, einen jungen Liebhaber erhört, worauf er ihn zum Duell fordert, aber, wie er versichert, nicht aus Eifersucht, sondern weil er sich durch seinen „frechen jungen Blick“ herausgefordert gesehen habe.
Das Wien des Fin de siècle ist Schnitzlers Kulisse, die ausgebreitete Seele sein Terrain und eine hedonistische, nach Ablenkung strebende Gesellschaft sein Spielfeld. Zwischen Tennis, Tee und Tanz entfaltet er ein Spiel um gekränkte Eitelkeiten und kalt geheuchelte Lügen, aber auch tiefer Selbst- und Welterkenntnis und scheinbar auswegloser Einsamkeit. „Die Seele ist ein weites Land“ attestiert der Doktor von Aigner im Stück, und der Menschenkenner Schnitzler ist ein klarer Analytiker einer dekadenten Gesellschaft, die an nichts Mangel leidet - außer an Sinn und der Fähigkeit, der reifen Melancholie, die jene Erfahrung der Schönheit und Tiefe des Daseins begleitet, durch eine befreiende Tat zu entkommen.

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